Am Bienenstand im November

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Das Fachzentrum veröffentlicht zweiwöchentlich einen Infobrief. Aktuell geht es um die Vorbereitung der Winterbehandlung. Für unseren Verein werden wir, wie in der Herbstversammlung angekündigt, noch zeitnah genaue Informationen zum besten Behandlungstermin verteilen.

Nachfolgend der aktuelle Infobrief. Wer möchte, kann sich das Original hier herunterladen. Die Infobriefe können auf dieser Seite auch abonieriert werde.


Die vergangenen Maßnahmen zur Varroabekämpfung liegen nun einige Zeit zurück.

Zwischenzeitlich haben die überlebenden Milben die Zeit genutzt, sich erneut in den verdeckelten Brutzellen zu vermehren. Möglicherweise haben die eigenen starken Völker auch zusammenbrechende Völker ihrer Vorräte beraubt und dabei gleich Varroamilben mitgenommen.

Zumal der kalendarische Herbst seinem Ende entgegen geht und damit auch die zulässigen Möglichkeiten zur Varroabekämpfung enden, wird es wieder Zeit, dass wir uns ein Bild vom tatsächlichen Varroabefall unserer Bienenvölker machen. Nur so ist die Entscheidung über eine Behandlung der Völker oder ggf. auch dessen Verzicht objektiv möglich.

Einfach abzuwarten in der Hoffnung, es möge schon gute gehen, wäre vergleichbar, mit einem Auto ohne Licht durch die Dunkelheit zu fahren: Der nächste Crash kommt bestimmt. Andererseits hat jede medikamentöse Varroabekämpfung auch Nebenwirkungen.

Daher ist die Methode „viel hilft viel“ auch keine Lösung. Dazu muss man wissen: Mit einer Herbstbehandlung rettet man keine Völker. Denn gerade bei starkem Befall haben die Milben bereits während ihrer Vermehrungsphase in der Brut den größtmöglichen Schaden angerichtet. Viele Winterbienen sind zu diesem Zeitpunkt bereits geschädigt und somit in ihrer Langlebigkeit und Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.

Zudem verbleiben die von den Milben übertragenen Viren noch lange Zeit im Volk. Aber man verschafft den überlebenden Völkern gute Startbedingungen für das nächste Frühjahr: So können in normalen Jahren aus nur 25 den Winter überlebenden Milbenweibchen bis Mitte Juli fast 1.000 Milben werden. Schließlich verdoppelt sich die Milbenzahl ab dem starken Bruteinschlag im März alle 3 Wochen.

Doch was passiert, wenn die Völker in milden Wintern früher als gewohnt ihre Bruttätigkeit intensiv aufnehmen? Dann werden in den traumhaft wachsenden Völkern aus 25 überwinternden Varroamilben bis Mitte Juli nicht 1.000, sondern 3.000 Milben!!! Und dann wird es schnell gefährlich.

Da aber nicht alle im Herbst vorhandenen Milben überwintern, sondern während der kalten Jahreszeit etwa 20..30 % der Milben natürlicherweise eingehen, können entsprechend mehr Milben im Volk verbleiben. Eine tote Varroamilbe pro Tag im Gemüll weist in der weitgehend brutfreien Zeit auf etwa 500 lebende Milben im Volk hin. Das ist die oberste noch vertretbare Grenze, sofern der Imker bereits ab dem Frühjahr durch Brutentnahme und Ausschneiden der verdeckelten Drohnenbrut die Entwicklung des Varroabefalls in seinen Völkern eindämmt.

Andernfalls sollten im Spätherbst maximal 250 Milben im Volk verbleiben. D.h. bei Kontrolle des Milbenfalls sollte über einen längeren Zeitraum nur ½ Milbe pro Tag auf der Bodeneinlage zu finden sein. Das bietet mehr Sicherheit.
Und im Zweifelsfall oder bei noch geringer Erfahrung mit der Überwachung des Varroabefalls sowie den möglichen Bekämpfungsmaßnahmen ist die vorsorgliche Behandlung vorerst sicherlich der bessere Kompromiss. Mittelfristig sollte es aber für jeden Imker erstrebenswertes Ziel sein, den Medikamenteneinsatz so weit wie möglich zu reduzieren.

Kontrolle des Varroa Befalls jetzt: Wie wird ́s gemacht ?

Nach den ersten kalten Nächten im November, in denen die Nachttemperatur auf nahezu 0 °C oder gar darunter absinkt, werden weiße Bodeneinlagen aus Papier (auch als „Windel“ bezeichnet) unter die Gitterböden der Bienenvölker geschoben. Gut eignen sich die Rückseiten von entsprechend zugeschnittenen Tapetenresten oder einer günstig erworbenen neuen Rolle. Diese sollten auf einer festen Schublade aufliegen und möglichst mit mehreren parallelen Linien entsprechend dem Verlauf der Wabengassen versehen sein. So lassen sich die darauf fallenden Milben später leichter zählen. Selbstverständlich kann auch die Schublade weiß und mit Linien versehen sein.
Auf das im Sommer übliche Fetten kann bei Temperaturen um den Gefrierpunkt verzichtet werden, da die Ameisen dann n icht mehr aktiv sind und sich keine Milben mehr holen.

Die natürlicherweise, also ohne Einfluss durch Tierarzneimittel abfallenden hell bis dunkelbraunen Milben gelangen auf die Bodeneinlage und können nach 1 Woche gezählt und volkweise notiert werden. An schließend werden die Bodeneinlagen bzw. Schubladen gereinigt und wieder eingeschoben. Optimalerweise kommt man dadurch bei 3 Kontrollen auf ca. 20 Tage.
Die Anzahl der bei jedem Volk gefundenen Milben wird nun durch die Anzahl der Tage geteilt, in denen sich die Bodeneinlagen unter den Völkern befanden. Da einerseits der tägliche Milbenfall stark schwankt, andererseits die zwecks Futteraufnahme abgeschroteten Zelldeckel das Auffinden der Milben erschweren, ist zwar ein längerer Beobachtungszeitraum erforderlich, die Zählung aber in kurzen Intervallen. Daher führt eine 3 wöchige Kontrolle mit wöchentlicher Zählung zu aussagekräftigen Ergebnissen. Zudem lässt es sich mit 20 Tagen leicht rechnen.

Schwieriger wird es bei Böden ohne ganzflächigen Gittereinsatz. Da die Bienen bei Tagestemperaturen von 10 °C und mehr recht aktiv sein können, räumen sie auch gern die abgefallenen Milben heraus und verfälschen so das erhoffte Ergebnis.
Hier können „Varroa Untersuchungsgitter“ aus dem Imkereibedarfshandel helfen. Mit einer Höhe von 1 cm passen sie in fast jeden Beutenboden. Allerdings sind sie meist deutlich kleiner als dessen Grundfläche und müssen daher möglichst genau unter den Bienensitz geschoben werden, um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten. Möglicherweise müssen Sie den Boden zuvor von Wachsbrücken befreien.

Liegt die Anzahl der ermittelten Milben pro Volk und Tag nahe oder gar deutlich über 0,5 sollte noch im kalendarischen Herbst, der am 21.12. endet, eine Behandlung erfolgen. Dringend wird sie auf jeden Fall, wenn mehr als 1 Milbe pro Volk und Tag fällt.


Hinweise zur Behandlung der Bienenvölker enthält der nächste Info Brief.

Kontakt zum Autor: Dr. Jens Radtke, Jens.Radtke@rz.hu berlin.de

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