Klimaanpassung Winterbehandlung
von Fachzentrum Bienen und Imkerei, Mayen (Kommentare: 0)
Infobrief
Am Bienenstand
Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung (Heraklit um 535–475 v. Chr.)
Bayreuth (ih) - Womit wir gleich beim Thema des aktuellen Infobriefes wären: Klimawandel und Winterbehandlung bzw. Überwinterung. Über die vielfältigen Konsequenzen des Jahr für Jahr voranschreitenden Klimawandels auf Honigbienen und Imkerei ließe sich seitenweise schreiben. So viel Zeit habe ich jetzt allerdings nicht und Sie sicherlich auch nicht. Von daher möchte ich mich auf Aspekte beschränken, die zu dieser Jahreszeit relevant sind. Allen, die sich gerne mehr mit dem Thema „Klimawandel und Imkerei“ beschäftigen möchten, sei an dieser Stelle der Hinweis auf die Projekte der beiden Bieneninstitute in Bayern und Hessen gegeben.
Generell empfehlen wir nur dann eine Restentmilbung durchzuführen, wenn der natürliche Milbenabfall (Bodenschieberdiagnose ) im November bei über 0,5 Milben pro Tag liegt. Zur Befallsmessung sollten Sie den Bodenschieber für sieben Tage in den Völkern belassen und dann auszählen. Liegt der Milbenabfall unter dieser Schadschwelle können Sie sich und den Bienen die Behandlungsprozedur ersparen. Die zu erwartenden Nebenwirkungen könnten mehr Schaden anrichten als der Milbenbefall selbst. Wer im Rahmen der Resistenzzucht auf die Winterbehandlung verzichtet, um im Folgejahr Bienenvölker mit geringer Milbenbefallsentwicklung selektieren zu können, sollte jetzt dennoch den Milbenabfall erfassen. So können Völker mit einer hohen Belastung bereits jetzt identifiziert und dann im folgenden Frühjahr zeitnah erneut kontrolliert werden.
Laut Konzept der integrierten Varroa-Bekämpfung sollte eine Behandlung der Bienenvölker im Herbst/Winter im brutfreien Zustand erfolgen. Nur dann sitzen alle Milben im Volk zwangsläufig auf den Bienen und sind für Milch- und Oxalsäure zugänglich. Kurz zur Erinnerung, beide Säuren haben auf Milben in der verdeckelten Brut keine Wirkung. Nun müssen Sie Ihre Völker nicht unbedingt auf Brutfreiheit kontrollieren, um zu wissen, dass sie es nicht sind. Dank globaler Erwärmung können Sie davon ausgehen, dass nicht alle Ihrer Bienenvölker im Winter zeitgleich aus der Brut gehen.
Je nach Region kann ein Teil sogar durchbrüten, wenn auch in geringem Umfang. Wie damit umgehen?
Sie haben drei Möglichkeiten mit durchbrütenden Völkern umzugehen. Erstens, Sie behandeln trotzdem, sind sich aber zumindest dessen bewusst, dass Ihre Maßnahme, je nach Brutmenge, keinen 100%igen Erfolg hat und im schlimmsten Fall wirkungslos ist. Zweitens, Sie reißen zwei bis drei Tage vor der geplanten Behandlung die verdeckelte Brut mit einer Entdecklungsgabel auf, lassen die Bienen die abgetötete Brut ausräumen und behandeln erst dann. Drittens, Sie sperren ab Anfang November Ihre Königinnen in spezielle Käfige, bei denen die Arbeiterinnen rein und raus laufen und die Königin pflegen können.
Nach drei Wochen ist die Brut ausgelaufen und das Volk kann im garantiert brutfreien Zustand effizient gegen die Varroamilbe behandelt werden. Wie das genau geht, erfahren Sie hier.
Die Qual der Wahl
Für die Varroabehandlung stehen uns mehrere Präparate mit unterschiedlichen Wirkstoffen zur Verfügung. Eine der aktuell in Deutschland zugelassen Behandlungsmittel finden Sie hier . An dieser Stelle sei noch mal darauf hingewiesen, dass seit Januar 2022 für alle Varroamittel eine Bestandsbuchpflicht besteht und Sie somit deren Anwendung genau dokumentieren müssen. In Abhängigkeit von der Außentemperatur haben Sie jetzt die Möglichkeit eine Sprühbehandlung (Milch- oder Oxalsäure) oder eine Träufelbehandlung (Oxalsäure) durchzuführen. Für ersteres Verfahren dürfen die Bienen noch nicht in der Wintertraube sitzen, da man sonst nicht alle Bienen mit dem Wirkstoff erwischt. Eine erfolgreiche Anwendung des Träufelverfahrens setzt hingegen voraus, dass die Bienen eng und kompakt in der Wintertraube sitzen. Seit Ende 2023 besteht zudem auch in Deutschland die Möglichkeit Oxalsäure legal zu sublimieren (umgangssprachlich verdampfen). Eine Zulassung hierzu hat allerdings nur das Medikament „Varroxal 0,71 g/g Bienenstock-Pulver“ der Firma Andermatt in Verbindung mit den beiden Geräten Varrox und Varrox Eddy. Mit der EU-weiten Zulassung der Calistrips des Herstellers Calier ist dieses Jahr ein weiteres Oxalsäurepräparat neu hinzugekommen. Die Oxalsäurestreifen verbleiben maximal sechs Wochen im Volk und sollten dann angewendet werden, wenn die Bienen noch aktiv sind, d. h. bevor die Bienen eine Wintertraube bilden. Im Herbst ist diese Anwendung daher nicht unbedingt sinnvoll.
Was noch?
Ein milder Winter in Kombination mit einer langanhaltenden Pollenverfügbarkeit, z. B. durch spätblühende Zwischenfrüchte, kann dazu führen, dass manche Völker so stark brüten, dass sie die Wintervorräte vorzeitig aufbrauchen. Behalten Sie daher die Futtervorräte Ihrer Bienen im Auge und riskieren Sie keine hungernden Völker. Allerspätestens jetzt sollten Sie schwache Völkervereinigen. Klimabedingt hat sich der Blühbeginn vieler Pflanzen bereits deutlich Richtung Jahresanfang verschoben. Dies kann dazu führen, dass im Frühjahr plötzlich alles gleichzeitig blüht. Nur Bienenvölker, die stark überwintert haben, können dann das Pollen- und Nektarangebot in vollem Umfang nutzen. Nachzügler oder durch Varroamilben geschwächte Völker werden allerdings erst gegen Ende der Frühtracht voll entwickelt sein.
Kurz gesagt
Warten Sie mit der Winterbehandlung nicht darauf, dass Ihre Bienen irgendwann aus der Brut gehen, sondern führen Sie die Brutfreiheit Ihrer Völker gezielt herbei, z.B. durch ein vorübergehendes Käfigen der Königin. Behalten Sie die Futterversorgung Ihrer Völker auch jetzt im Winter im Blick. Allerspätesten jetzt sollten Sie schwache Völker vereinigen.
Kontakt zur Autorin
Dr. Ina Heidinger