Die Biene des Jahres hat scharfe Zähne
von Bernd Leutert (Kommentare: 0)
Bietigheimer Zeitung, 15.01.2025
Besigheim.
Dorothea Pulli traute ihren Augen im Herbst vergangenen Jahres nicht: Da bohrte sich doch eine Wildbiene eine Röhre in die Erde in ihrem Blumenkasten. Die versierte Imkerin machte sichkundig: Es war eine Gartenblattschneiderbiene. Und dieses Exemplar ist nun „Wildbiene des Jahres" geworden.
Mut zur Wildheit
Pulli hat sieben Honigbienenvölker und ist Mitglied im Bezirksimkerverein Besigheim. Wie ihr Mann Thomas, der für den Verein die Öffentlichkeitsarbeit macht. Die beiden haben sich vor Jahren dazu entschieden, die Imkerei und die Leidenschaft für Bienen zum Hobby zu machen. Im Garten der Pullis bleibt es „wild", wie Thomas Pulli sagt, um gerade den Wildbienen ein Habitat zu ermöglichen. So auch der Blumenkasten von seiner Frau, in dem sie schon lange, wie sie sagt, die Erde nicht mehr ausgetauscht hatte. Idealer Brutort für die Gartenblattschneiderbiene.
Etwa 30 Prozent aller Wildbienen-Arten sind auf Pflanzenarten, -gattungen oder -familien spezialisiert und sammeln nur bei diesen Pollen. Nicht so die Gartenblattschneiderbiene. „Sie sammelt alle Pollen", so Dorothea Pulli.
Dorothea Pulli sah auch, wie die weibliche Wildbiene Blätter von Pflanzen, mit ihren scharfen Schneidewerkzeugen abschnitt. Bei genauem Hinsehen konnte sie sehen, wie die Biene die vorher gebohrte Röhre mit den Blättern „tapezierte", wie Pulli sagt. Dahinein legt die Biene ihre Eier. Haben die Pullis Glück, schlüpfen im Mai oder Juni die ersten Gartenblattschneiderbienen.
Ihr Mann regt an, dass Hausbesitzer für Lebensräume wilder Bienen sorgen. „Mut zur Wildheit" nennt er das. Und es sei wichtig, dass Trittsteine für Wildbienen entstehen, durch die sie von Habitat zu Habitat kommen können. Denn: Wildbienen haben nur einen Flugradius von 100 Metern um ihr Nest herum, während es bei Honigbienen zwei Kilometer sind. „Wohnsiedlungen sind daher ideal als Ort für Wildbienen, weil es da die unterschiedlichsten Pflanzen gibt", so Thomas Pulli. Und seine Frau rät dazu, beim Bepflanzen von Gärten, Kästen oder Kübel an die Wildbienen zu denken und ihnen entsprechende Blumen vorzusetzen. „Bienen mögen einfache Blüten, die Geranie ist nichts für sie", sagt sie.
Bienenweiden belassen
Auch Nistkästen seien für Wildbienen nicht geeignet: 70 Prozent aller Wildbienenarten, so Dorothea Pulli, bauen ihre Eierablegestellen in Erde. „Auch die Bienenweiden sollten über die Jahre belassen werden, und nicht gemäht werden, um die Wildbienennester nicht zu zerstören", sagt Thomas Pulli. Vor allem am Rande von Feldwegen aus Erde, die nicht geteert oder geschottert seien, bauten Wildbienen ihre Niströhren.
Gabriele Szczegulski
Das Kuratorium „Wildbiene des Jahres" des Arbeitskreises Wildbienen-Kataster hat die Garten-Blattschneiderbiene gekürt. Diese Wildbienenart beeindruckt durch ihre außergewöhnliche Nestbauweise: Die Weibchen schneiden mit ihren Kiefern ovale Blattstücke ab, um ihre Brutzellen damit auszukleiden. Die Weibchen transportieren den Pollen in ihrer orangeroten „Bauchbürste". Die Männchen besitzen auffällig verbreiterte Vorderbeine, die bei der Paarung eine entscheidende Rolle spielen. Diese werden weiße Fausthandschuhe" genannt und dienen der Ubertragung von Duftstoffen während der Paarung.
Verweise
Bienen Journal
Garten-Blattschneiderbiene
Bernhard Plank - SiLencer, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons